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Versurile Goethes Erben - Blau
Versuri Blau
Ich liebte abgöttisch das Gefühl, allein durch
den Pulverschnee zu toben.
Meine Schritte entfachten durch das hohe
Lauftempo einen kleinen Schneesturm,
in weiße Kristalle gehüllte Luft, in der sich
das schwache Sonnenlicht verirrte,
um gemeinsam zu Boden zu sinken.
Ein schillernder Regenbogen begleitete jeden
meiner Schritte,
doch allmählich verschwand Ring für Ring
und das kalte Licht des Mondes tauchte die Szene
in sein blaues Licht.
Inzwischen war längst der letzte Sonnenstrahl
vom Horizont verschluckt worden
und der einstmals leichte Pulverschnee änderte
seine Konsistenz hin zu knirschendem,
spröden Eisschnee, der zum Tanzen einlud, sich
überschlug.
Ich mag mehrere Stunden ziellos umhergeirrt sein,
geblendet von der weißen, in sich ruhenden
Landschaft.
Abgelenkt von der im Gedankenspiel verlorenen,
bedrohlichen Schönheit die mich umgab,
deren Teil ich geworden bin.
Die Kälte kroch zäh durch meine Sohlen und
Wollsocken und verbiß sich in meinen Fußspitzen.
Doch der Schmerz war nur kurz, zu kalt war der
geifernde Eiszahn.
Der Schmerz verschwand und war doch anwesend, man
merkte ihn nur nicht mehr.
Doch die eisigen Zähne fraßen sich immer tiefer
in mein Fleisch,
das in seinem violetten Schimmer an eine Ring des
Regenbogens erinnerte.
Das blaue Mal der Kälte bedeckte meine Hände
und Ohren,
und bei dem Versuch Eiskristalle aus meiner
rechten Ohrmuschel zu streichen
hielt ich dieselbe plötzlich ind er Hand.
Kein Tropfen Blut verließ die Bruchstelle und
auch das kleine, dünne Stück Fleisch
unterließ es losgelou,l;st vom wärmenden Rumpf,
roten Tau zu säen.
Belustigt entledigte ich mich des kleinen
Stückes Fleisch, es roch nicht einmalversengt.
In hohem Bogen warf ich das blaue Ohr in die
blauschwarze Nacht, welche die Szene schweigend
beobachete.
Es schien mir als grinsten die Sterne höhnisch
und die Jungfrau Nacht trug extra ein
tiefschwarzes Keid zu meiner nahenden Entseelung.
Nur die runde, silbrig glänzende Scheibe, des
sonst mitleidlosen Mondes,
schien im Hauch von Mitleid zu strahlen.
Das Tempo meiner Schritte verringerte sich
während dieses Gedankenspieles Meter für Meter.
Es war mir egal, ein oder beide Ohren zu
verlieren.
Es war mir gleich, wieviel Haut blau schimmerte
und auch einem ganzen Bein würde ich nicht lange
nachtrauern,
solange nur der Schmerz ausblieb - nicht in meine
Nerven kroch ...
Die Zähne schlugen zwar tiefe Wunden, doch
zumindest schmerzten sie nicht.
Zu lange mußte ich meinem Körper zu gefügte
Qualen erdulden - in angenehm beheizten Baracken.
Manchmal sperrten sie uns tagelang in eine
saunaähnliche Hitzekammer,
ohne Wasser, alleingelassen mit trockener,
heißer Luft,
die Lippen in Minuten zu bizarren
Kraterlandschaften verwandelte
und die Haut innerhalb von Stunden zu dürrem
Leder schuf.
Sie brannten uns Buchstaben auf die Haut, um ihr
Analphabetentum zu beenden.
Ich konnte den Geruch von versengtem Fleisch
nicht mehr ertragen, doch er war allgegenwärtig.
Sie zwangen uns unsere Toten zu zerlegen
und sie servierten uns das gebratene oder
gekochte Fleisch der entseelten Körper,
doch Menschenfleisch ist zäh und so zerbrachen
meine morschen Zähne
beim Kauen der unmenschlichen Kost -
und wenn ich während der Fütterung erbrach, so
verschluckte ich das Erbrochene
gemeinsam mit dem gebratenen Fleisch immer
wieder, wie ein Wiederkäuer ...
Ich kaute stundenlang auf den Fingern meines
Freundes,
die ich unzählige Male wieder hervorwürgte und
verschluckte.
Warmes Fleisch entriß mir meine Zähne
und jetzt schlugen kalte Zähne in mein blaues
Fleisch.
Irgendwann trugen mich meine Beine nicht mehr
weiter,
sie verweigerten meinen Wunsch zu marschieren.
So blieb mir nichts anderes übrig, als meine
Flucht zu unterbrechen.
Meine tauben Hände gruben im hüfthohen Schnee
eine kleine Höhle, in die ich mich verkroch.
Es roch nicht nach Fleisch und durch die
Eiskristalle hindurch
konnte ich die Sterne in einem bunten Feuerwerk
betrachten.
Alles, bis auf die funkelnden Sterne und das
fahle Gesicht des Mondes
war in blaues Licht getaucht.
Wie ein Schwamm Tinte,so sog mein Körper die
königliche Farbe in sich auf
Zentimeter für Zentimeter kroch der lauernde
Schimmer über meine Haut -
tief in meinen Körper.
Es war ein wunderbares Gefühl keine Schmerz zu
empfinden.
Die ganze Welt war blau,
nur die Sterne und der Mond distanzierten sich
von diesem uniformen Farbton.
Mit einem Mal wurden die Sterne weiß und ihr
Licht immer intensiver,
das weiße Licht drängte das tiefe Blau immer
mehr in den Hintergrund.
Die einzelnen weißen Punkte schmolzen zu einer
grellweißen Fläche.
Es war Tag geworden.
Das Blau verschwunden.
Hunde bellten.
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